Am Samstag, den 16. November 2025, im finnischen Levi, begann eine neue Ära im deutschen Skisport – mit einem Start, der fast zu schnell vorbei war. Romy Ertl, 18, Tochter der ehemaligen Weltspitze Martina Ertl, absolvierte ihr erstes Weltcup-Rennen im Slalom – und brach nach nur acht Sekunden aus. Kein Sieg, kein Podest. Aber ein Moment, der für sie und viele Zuschauer mehr zählte als jede Zeit. "Jetzt hatten wir nicht mal so richtig die Zeit, zu analysieren, was das Problem war...", kommentierte Julius Hilfenhaus im ZDF-Livestream. "Sie ist früh raus. Das gehört zum Learning dazu. Das erleben alle, die einmal oben ankommen."
Ein Traum, der aus der Kindheit kam
Romy Ertl hatte diesen Tag seit Jahren im Kopf. Noch vor dem Start postete sie auf Instagram: "Mein größter Kindheitstraum wird wahr... Dieses kleine Mädchen startet am Samstag zum ersten Mal bei einem Weltcup-Rennen. Ich bin sooo aufgeregt." In einem kurzen Interview mit der Deutschen Presse-Agentur fügte sie hinzu: "Ich freue mich riesig – da geht für mich ein richtig großer Kindheitstraum in Erfüllung, mit Athletinnen wie Lena Dürr und Mikaela Shiffrin am Start zu stehen." Die Emotion war echt. Keine Inszenierung. Kein PR-Text. Das war das, was Sport ausmacht: ein junger Mensch, der sich selbst überwindet – und dabei die Last einer großen Familie mitträgt.Die Legende: Martina Ertl und ihre Spuren im Schnee
Wer Romy Ertl ist, versteht man erst, wenn man ihre Mutter kennt. Martina Ertl, geboren am 12. September 1973 in Bad Tölz, wuchs in Lenggries auf – auf einem Bauernhof, wo Skifahren nicht als Karriere, sondern als Alltag begann. Zwischen 1994 und 2003 holte sie 14 Weltcupsiege, davon zehn im Riesenslalom. Sie wurde zweifache Weltmeisterin: 2001 in der Kombination in St. Anton, 2005 im Mannschaftswettbewerb in Santa Caterina. Drei olympische Medaillen – Silber 1994 im Riesenslalom, Silber 1998 in der Kombination, Bronze 2002 in Salt Lake City. Für Letzteres erhielt sie am 6. Mai 2002 das Silberne Lorbeerblatt, Deutschlands höchste sportliche Auszeichnung. Ihr Bruder Andreas, zwei Jahre jünger, war ebenfalls Weltcupskifahrer und gewann 2005 mit ihr den Mannschaftstitel. Die Familie Ertl ist kein Zufall. Sie ist ein Phänomen. Und jetzt? Jetzt steht Romy an ihrem Anfang – mit all dem Druck, all der Erwartung, all der Liebe.Levi 2025: Shiffrin dominiert, Deutschland baut auf Nachwuchs
Der Slalom in Levi 2025 wurde von Mikaela Shiffrin gewonnen – mit einer Zeit, die Lara Colturi aus Albanien um 1,66 Sekunden distanzierte. Ein weiterer Beweis: Die US-Amerikanerin ist immer noch die unangefochtene Königin des Slaloms. Doch die Konkurrenz wächst. Neben Romy Ertl starteten für den Deutschen Skiverband (DSV) Emma Aicher, Lena Dürr und Jessica Hilzinger. Bei den Männern: Linus Straßer, Sebastian Holzmann, Anton Tremmel und der 24-jährige Debütant Dominik Zerhoch. Romy hatte bislang nur im Europacup und bei FIS-Rennen gestartet. Ihr bestes Ergebnis: Dritter Platz in der Kombination bei den Jugend-Winterspielen 2024 in Südkorea. Ein kleiner, aber bedeutsamer Schritt. Kein Weltcupsieg – aber ein Start, der zählt.Warum dieser Start mehr bedeutet, als die Zeit verrät
In der heutigen Welt, wo Kinder schon mit sechs Jahren in Leistungszentren verschwinden, ist Romy Ertls Weg anders. Sie kam nicht aus einer Sportförderungsschule, sondern aus einer Familie, die Ski fahren lebte – nicht als Karriere, sondern als Leidenschaft. Ihre Mutter erlitt 2001 eine schwere Knieverletzung, die sie nie ganz überwand. Trotzdem kehrte sie 2002 zurück – und holte die Bronzemedaille. Das ist die wahre Botschaft: Nicht Perfektion zählt, sondern Ausdauer. Nicht der erste Sieg, sondern die Bereitschaft, wieder aufzustehen. Romy hat das gesehen. Sie hat gesehen, wie ihre Mutter nach dem Sturz wieder aufstand. Und jetzt? Jetzt steht sie am Start – mit zitternden Beinen, mit einem Lächeln, mit einer Last, die sie nicht gewählt hat, aber trägt.Was kommt als Nächstes?
Der DSV hat den Slalom in Levi als Testlauf für den Nachwuchs gesehen. Romy Ertl wird nicht das letzte Mal am Start stehen. Nächste Woche geht es nach Alta Badia, dann nach Zagreb – und im Januar nach Cortina. Die nächste Chance. Die nächste Chance, zu fallen. Die nächste Chance, aufzustehen. Und vielleicht – eines Tages – zu gewinnen. Martina Ertl sagte nach dem Rennen: "Ich bin stolz. Nicht auf die Zeit. Sondern auf den Mut." Das ist der wahre Sieg.Frequently Asked Questions
Wie groß ist der Druck auf Romy Ertl durch ihre Mutter?
Der Druck ist real, aber nicht nur von außen. Romy wuchs mit den Erfolgen ihrer Mutter auf – und hat sie nie als Last, sondern als Inspiration erlebt. Martina Ertl hat nie Druck ausgeübt, sondern immer betont: "Du musst für dich selbst laufen." Dennoch: In der Öffentlichkeit wird sie als "Tochter von Martina Ertl" wahrgenommen – ein Label, das schwer abzulegen ist, besonders im internationalen Skisport.
Welche Rolle spielt der Deutsche Skiverband bei ihrer Entwicklung?
Der Deutsche Skiverband (DSV) hat Romy Ertl im Europacup gefördert, aber nicht in den Hochleistungstrainingsschwerpunkt aufgenommen – ein bewusster Schritt, um ihre Entwicklung langsam und stabil zu gestalten. Im Gegensatz zu anderen Nachwuchsskifahrern, die schon mit 16 in den Weltcup geschmissen werden, durfte sie ihre eigenen Rhythmen finden. Das könnte sich als kluger Langzeitansatz erweisen.
Hat Romy Ertl eine Chance, ihre Mutter zu übertrumpfen?
Es ist unfair, sie mit 14 Weltcupsiegen ihrer Mutter zu vergleichen. Martina Ertl war eine Ausnahmeerscheinung – eine der erfolgreichsten deutschen Skirennläuferinnen aller Zeiten. Romy muss ihren eigenen Weg finden. Ihr Stärke liegt im Slalom – dort, wo Mikaela Shiffrin dominiert. Ein Weltcupsieg wäre ein großer Erfolg. Drei Medaillen? Das wäre Geschichte. Aber erst mal: einfach weiterlaufen.
Warum startete Romy Ertl nicht in der Kombination, sondern im Slalom?
Ihr größter Erfolg war der dritte Platz in der Kombination bei den Jugend-Winterspielen 2024 – doch im Weltcup ist die Kombination extrem anspruchsvoll, da sie Abfahrt, Slalom und Super-G verlangt. Der DSV entschied sich bewusst für den Slalom, um ihre technische Stärke zu testen und sie nicht zu überfordern. Der Slalom ist ihr natürlicher Einstieg – und vielleicht auch ihre Zukunft.
Wie reagierte die deutsche Öffentlichkeit auf ihr Debüt?
Die Reaktion war überwiegend emotional. Auf Twitter und Instagram ging der Hashtag #RomyErtl viral – mit Hunderten von Posts, die sie als "die neue Hoffnung" oder "die Tochter der Legende" feierten. Kein Wunder: In einer Zeit, in der Sport oft nur noch als Leistungsmessung wahrgenommen wird, war ihr Start ein Moment der Menschlichkeit. Sie weinte nach dem Sturz. Und das war ehrlicher als jeder Sieg.
Gibt es weitere Familienmitglieder, die Skisport betreiben?
Ja. Ihr Onkel Andreas Ertl, zwei Jahre jünger als Martina, war ebenfalls professioneller Skirennläufer und gewann 2005 gemeinsam mit ihr die Goldmedaille im Mannschaftswettbewerb bei den Weltmeisterschaften in Santa Caterina. Die Familie Ertl ist eine wahre Ski-Dynastie – und jetzt, mit Romy, die dritte Generation, die den Schnee als Bühne wählt.
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